FAP
Familiäre adenomatöse Polyposis, kurz FAP genannt, entsteht durch eine Veränderung auf dem APC-Gen. Hauptsächlich bildet das Gen im Dickdarm nach und nach tausende Polypen (Polypen sind eigentlich nur kleine Ausstülpungen der Schleimhaut), die sich dann zu Krebs weiter entwickeln können. Dieser Vorgang beginnt meist im Kindesalter und läuft schneller ab, als der „normale“ (sporadische), also nicht vererbte Darmkrebs. Im Rahmen einer Dickdarmspiegelung können die Polypen entfernt und so die Entstehung von Krebs vermieden werden. Bleiben sie allerdings unbemerkt, entwickelt sich ein Polyp mit der Zeit zum Adenom. Dies bedeutet, dass die anfängliche Ausstülpung zum Geschwulst wird und ein Adenom zum Karzinom heranwächst, was soviel heißt wie, dass es nun Krebs ist.
Häufig, aber nicht immer, haben FAPler im Magen Drüsenkörperzysten. Hierbei handelt es sich um harmlose Magenwandausstülpungen, die lediglich in extrem seltenen Fällen mal Ärger machen können. Diese sollten regelmäßig bei einer Magenspiegelung kontrolliert werden, um kein Risiko einzugehen, denn auch im Magen können Polypen wachsen, wobei das nur höchst selten vorkommt.
Etwa 20% der Betroffenen haben auch Polypen im oberen Dünndarm, die jedoch sehr viel langsamer wachsen und deshalb gut zu überwachen sind. Heikel wird es, wenn zum Beispiel ein Polyp genau am Eingang zur Papille (Gang von der Bauchspeicheldrüse zum Dünndarm für Verdauungssäfte) wächst und diesen dann verstopft. Dadurch entzündet sich die Bauchspeicheldrüse und ein Krankenhausaufenthalt ist sehr wahrscheinlich.
Diese Polypen kann man durch eine Magenspiegelung mit Seitblick entdecken und direkt entfernen.
Sehr selten wachsen im weiteren Dünndarm Polypen, die jedoch auch mit einer Dünndarmspiegelung gefunden und abgetragen werden können.
Im Prinzip heißt es, dass im gesamten Verdauungssystem ein erhöhtes Krebsrisiko besteht, daher ist Vorsorge das A und O, denn entdeckt man Polypen die sich noch nicht weiter entwickelt haben, knipst man sie ab und es passiert nichts weiter. Irgendwann ist bei jedem FAPler der Zeitpunkt gekommen, wo die Polypen im Dickdarm zu viel werden und dann muss der selbige entfernt werden. In der heutigen Zeit ist es jedoch eine OP die man gut verkraften kann und je nach Technik nicht einmal mehr sichtbare Narben hinterlässt. Man bleibt ein bis zwei Wochen im Krankenhaus und betreibt langsamen Kostaufbau, so dass man nach einiger Zeit wieder fast normal essen kann.
Betroffene haben allerdings häufig Durchfälle, da der Dickdarm das letzte Wasser aus dem Stuhl zieht und dies ja nun weg fällt.
Leider gibt es bei FAP weitere Stolpersteine wie zum Beispiel Desmoide. Das sind gutartige Tumore die im Muskelgewebe wachsen und dort nur ungerne heraus operiert werden, denn wenn man einen Desmoid nicht zu 100% erwischt, verstreut er Ableger in das umliegende Gewebe, weshalb man Desmoide lieber medikamentös behandelt und in Ausnahmefällen bestrahlt. Man darf nicht denken, dass ein Desmoid harmlos ist, nur weil er ein gutartiger Tumor ist, denn er hat auch so seine Tücken! Er pflanzt sich nicht nur einfach ins Muskelgewebe, sondern ist dabei auch noch sehr hart, so dass er unangenehm auffällt. Man findet Desmoide, indem man regelmäßig ein MRT anfertigen lässt. In welchen Abständen das geschehen sollte, bestimmt wie bei allen Vorsorgeuntersuchungen der behandelnde Arzt.
Bei FAPlern ist das Desmoidrisiko im Bauchraum erhöht, aber steigt gewaltig durch Gewebetraumata an. Das bedeutet, jede Bauch OP erhöht wieder das Desmoidrisiko, wobei die meist erst nach zwei Jahren sichtbar gewachsen sind.
Für Frauen ist es auch wichtig, dass es häufiger zu Gebärmutterhals- und Eierstockkrebs kommen kann. Auch hier ist Vorsorge und Kontrolle wieder sehr wichtig, damit man ihn früh erkennt, noch bevor er bösartig wird.
FAP ist eine erbliche Veränderung, die durch eine humangenetische Untersuchung nachgewiesen wird. Hierfür lässt man sich von seinem Hausarzt in ein humangenetisches Institut überweisen und wird dort beraten und aufgeklärt, dann folgt eine Blutabnahme und sechs bis acht Wochen später wird man nochmals eingeladen und erfährt das Ergebnis.
Kinder von Menschen mit FAP haben unabhängig vom Geschlecht ein Risiko von 50%, ebenfalls die veränderte Erbanlage und damit das erhöhte Krebsrisiko zu tragen. Die Chance, die genetische Veränderung nicht zu erben, liegt ebenfalls bei 50%. Nehmen wir einmal an, Sie haben zwei Kinder, dann kann man nicht sagen, dass eines gesund ist und das andere FAP geerbt hat, sondern – als würde man es auswürfeln – jedes Kind bekommt seine eigene Chance.
Kinder von Menschen mit FAP werden in der Regel erst ab dem 10. Lebensjahr getestet, ob sie die genetische Veränderung geerbt haben.
Kommt heraus, dass es FAP geerbt hat, beginnt man in der Regel ab dem 10. Lebensjahr mit einer Dickdarmspiegelung, wobei die Abstände unterschiedlich sind, je nachdem, wie viele Polypen bereits gewachsen sind und in welchem Stadium sie sich befinden. Es kann vorkommen, dass Kindern bereits mit 10 Jahren der Dickdarm entfernt werden muss. Meistens können die Kinder das sehr gut wegstecken und kompensieren.
Ich möchte nochmal kurz die Vorsorgeuntersuchungen zusammenfassen:
- Dickdarmspiegelung, um Polypen früh zu finden und direkt zu entfernen
- Magenspiegelung mit Seitblick, um Drüsenkörperzysten zu beobachten und Dünndarmpolypen zu beseitigen
- Dünndarmspiegelungen macht man lediglich, wenn man viele Polypen im oberen Dünndarm hat
- regelmäßig ein MRT machen, um Desmoide zu finden und möglichst früh zu behandeln, damit sie klein bleiben
- Für Frauen: Gebärmutter und Eierstöcke beim Ultaschall anschauen lassen und einen Abstrich machen lassen
Als FAPler ohne Dickdarm steht einem ein Eurokloschlüssel zu, dass heißt man schickt seinen Befund oder einen Brief vom Arzt nach Darmstadt ( http://www.cbf-da.de/shop.html?page=shop.product_details&flypage=flypage.tpl&product_id=31&category_id=6 ), zahlt die 20 Euro (Anm. d. Red.: Stand 08/2015) und bekommt einen Schlüssel für viele öffentliche Behindertentoiletten.
Hat man FAP, dann bedeutet es eigentlich, dass man sein Lebtag lang darum kämpft keinen Krebs zu bekommen, immer einen Schritt schneller zu sein und nie die Sicherheit zu haben, gesund zu sein. Das hat natürlich Potential für Depressionen und andere seelische Erkrankungen, deshalb darf man keine falsche Scham haben und sollte sich lieber professionelle Hilfe suchen, bevor man zu sehr leidet. Wer sich Hilfe sucht ist nicht schwach, sondern besitzt die Stärke auch solche Schritte zu gehen, damit es einem besser geht.
Geschrieben von: Nicole Obwandner
Weitere Infos
Bei der FAP (Familiäre Adenomatöse Polyposis) handelt es sich um ein sehr spezielles Krankheitsbild. Informationen dazu finden Sie unter anderem auf der Website des Vereins Familienhilfe Polyposis coli e.V.!