Diagnose

Familiäre Veranlagung zu Krebserkrankungen:

Normalerweise kann Dickdarm- und Enddarmkrebs (colorektale Karzinome) als ein „Lifestyle-Tumor“ bezeichnet werden und ist eine Erkrankung vor allem in den hochentwickelten Industriestaaten. Es liegt somit nahe, dass Ernährungsfaktoren, Lebensstil, Bewegungsarmut u. a. eine Rolle in der Entstehung dieses häufigen Tumors haben.
Man kann also mit einer sog. „Primärprävention“, d. h. Änderung des Lebensstils statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit senken, an Dick- oder Enddarmkrebs zu erkranken.

Allerdings trifft ein Lebensstil auch immer auf erbliche Faktoren, die man mit in die Wiege bekommen hat. Im Klartext: Wir erben von unseren Eltern nicht nur die Augenfarbe, die Körperstatur oder das Lächeln, sondern auch nicht-sichtbare Faktoren, die uns für die eine oder andere Krankheit empfindlicher oder unempfindlicher machen können.

Gerade für das Thema Dick- und Enddarmkrebs ist in der jüngsten Vergangenheit sehr viel Werbung für eine Früherkennung und Vorsorge gemacht worden. Hiermit ist die sog. „Sekundärprävention“ gemeint, d. h. man kann im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung, in diesem Fall Spiegelung (Koloskopie), Vorstufen eines bösartigen Tumors sowie Polypen gut erkennen und auch entfernen.
Aus einem entfernten Polypen kann dann naturgemäß auch kein größerer Tumor mehr entstehen. Der Dickdarm ist so gut geeignet wie kein anderes Organ für diese Sekundärprävention.

Der Wermutstropfen: Die Vorbereitung für eine Darmspiegelung und die Darmspiegelung selber sind in der Bevölkerung nicht gut akzeptiert – leider. Unbedingt jedoch sollten Personen sich dieser Maßnahme unterziehen, die ein klar erhöhtes Risiko, an Dick- oder Enddarmkrebs zu erkranken, haben.

Hier spielen jetzt familiäre, d. h. erbliche Faktoren eine außerordentlich wichtige Rolle. Wir unterscheiden dabei die Varianten einer klar vererbbaren Veranlagung (erblicher Dick- und Enddarmkrebs), hereditäres nicht polypöses kolorektales Karzinom (HNPCC) bzw. Lynch-Syndrom, aber auch die Polyposis-Syndrome familiäre adenomatöse Polyposis (FAP), MYH-assoziierte Polyposis, Peutz-Jeghers-Syndrom, juvenile Polyposis u. a. Hier liegt ein klarer, meistens autosomal dominanter Erbgang vor, d. h. die Veranlagung zu der Erkrankung und in aller Regel auch die Ausprägung wird von Generation zu Generation weitergegeben.

Bei diesen Formen des erblichen Krebses können neben Dickdarmkrebs auch Gebärmutterkrebs, Magenkrebs, Krebs der ableitenden Harnwege und Dünndarmkrebs u.a. entstehen. Auch diese Tatsache wird viel zu selten bei der Einschätzung des familiären Risikos berücksichtigt. In diesem Beitrag möchten wir auf das sogenannte Lynch-Syndrom oder HNPCC (hereditäres nicht-polypöses kolorektales Karzinom) aufmerksam machen. Die sogenannten Polyposis-Syndrome sind hiervon getrennt zu betrachten.

Vererbbarer Dickdarmkrebs

Bösartige Tumore des Dickdarms machen in Deutschland mit ca. 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr etwa ein Drittel aller Krebserkrankungen aus. Man geht davon aus, dass in Deutschland jährlich etwa 3.500 Menschen an einer vererbbaren Form des Dick- und Enddarmkrebses erkranken – das sind viel zu viele und es muss davon ausgegangen werden, dass die meisten Personen ihr erhöhtes Risiko nicht kennen oder sich nicht darauf einstellen. Auch in diesen Familien entsteht praktisch immer eine gutartige Vorstufe (Polyp), die im Rahmen von Vorsorge und Früherkennung frühzeitig entdeckt werden kann.

Wenn in Ihrer Familie eine Häufung von Krebserkrankungen aufgetreten ist, sollten Sie die Chance einer Beratung nutzen!